E-Commerce ist mehr als ein Online-Shop. Mit diesem Satz begann Ende Juni der Strategiegipfel B2B E-Commerce und Omni-Channel in Berlin. Auf der von project networks im Zusammenarbeit mit dem Bundesverband E-Commerce und Versandhandel e.V. durchgeführten Veranstaltung berichteten namhafte Unternehmen wie Trumpf, Heidelberger Druckmaschinen, AL-KO oder auch METRO über Ihre Erfahrungen.

Wer sich aufmerksam die Vorträge anhörte und auch mit den Beteiligten sprach, konnte feststellen, dass Marketing, wenn überhaupt, nur am Rande aufgeführt wurde. „Ja, wir arbeiten mit Marketing zusammen“, „sie unterstützen uns“ und so weiter. Dabei waren viele Themen identisch: Customer Journey, User Experience, Digitale Strategien, Influencer identifizieren und erreichen, Content und Conversion. Es ging um „richtige Ziele und KPIs bei der Umsetzung einer Multichannel-Strategie“.

Szenenwechsel: Digital Marketing Exposition & Conference, kurz DMEXCO, in Köln. Wer die Messe in den vergangenen Jahren besucht hat, stellt einen steten Zuwachs bei Besuchern, Ausstellern und Inhalten fest. Die Messe „brummt“. Über 1.000 Aussteller zeigten 2016 eine Vielzahl von Technologien und 2017 wird wohl mindestens genauso erfolgreich. Bekannte Buzzwords werden aufgegriffen, neue kreiert. Alles auf grün während viele Unternehmen sich grundsätzlich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auseinandersetzen und offenbar andere als Marketingverantwortliche wichtige Entscheidungen treffen.

Wie passt das zusammen? Während in Köln sehr stark Marketing als Funktion betrachtet wird, stehen in Berlin Geschäftsmodelle und -ergebnisse im Mittelpunkt. E-Commerce und Digitalisierung ist ein Querschnittsthema, ein Ansatz und Prozess, der das gesamte Unternehmen betrifft – und letztendlich Umsatz, Kosten und Gewinn. Die Beteiligten in Berlin haben das verstanden. Mit klaren Vorstellungen und der notwendigen Sachlichkeit wurde über Herausforderungen gesprochen wie beispielsweise durchaus kontroverse Erfahrungen mit Amazon und wie diese adressiert werden. Den Launch eines Online-Shops als Startpunkt mit einem eingeschränkten Portfolio haben die meisten Unternehmen schon hinter sich. Jetzt ging es um die Ausweitung der angebotenen Produktpalette, bessere Integration mit dem Vertrieb und – interessanterweise – in einigen Fällen um die Ausweitung auf B2C. Näher am Kunden hieß die Devise und der Handel wird zunehmend unter Druck gesetzt. Laut Frost & Sullivan wird bis 2020 der digitale Handel 27% des Fertigungshandels ausmachen – Tendenz steigend. Nutzerdaten zeigen, dass sich auch der B2B-Vertrieb zunehmend ins Netz verlagert und der Anteil der Zugriffe über das Smartphone und Tablets zunimmt. Google Search hat das Thema „Mobile First“ bekanntermaßen bereits letztes Jahr umgesetzt. B2B- und B2C-Kaufverhalten nähern sich immer mehr an.

Was heißt das für Marketing? Schon seit längerem hat der CMO die kürzeste Aufenthaltsdauer in der C-Suite. Gartner spricht vom „Riskiest Job“ einerseits und fordert eine klare Aussage in Bezug auf einen Umsatzbeitrag. B2B E-Commerce bietet hierfür hervorragende Möglichkeiten. Die Rollen und Verantwortungen werden gerade verteilt (Stichwort „Governance“). Es gibt viel Momentum. Hier gilt es,

  • aktiv das Gespräch zu suchen mit allen Beteiligten einschließlich Vertriebs- und Service-Organisationen, um Verbesserungspotenziale in Bezug auf Umsatz oder Produktivität zu realisieren,
  • auf Basis datengetriebener Aussagen wichtige Trends zu entdecken und mit der notwendigen Agilität zu agieren mit dem Ziel, eine Idee am Morgen zu haben und nachmittags im Markt zu sein,
  • die eigene Internetseite benutzerfreundlicher machen und dies auch zu messen,
  • das Internet der Dinge (IoT) als Chance zu nutzen und
  • Ressourcen und Budget überprüfen und gegebenenfalls andere Prioritäten setzen.

Es heißt, dass Daten das neue Öl sind. Öl muss aufbereitet werden. Unternehmen sind gut beraten, diese Kapazitäten als eigene Kernkompetenz aufzubauen und zu stärken. Marketing kann hier aufgrund seiner jahrelangen digitalen Erfahrung eine führende Rolle spielen. Es ist eine Chance. An erster Stelle muss die zukünftige Rolle von Marketing klar definiert werden. Im Anschluss sind drei Fragen zu beantworten:

  1. Welche Qualifikationen brauche ich in meinem Team?
  2. Wie soll die zukünftige Organisation aussehen?
  3. Welche Technologien helfen mir, meine Ziele zu erreichen?

Quo vadis B2B Marketing? Passive Unterstützungsfunktion oder aktiver Geschäftstreiber mit klarem ROI?